Stromlandschaft im Wandel: Deutschlands Stromerzeugung zwischen Kohle und erneuerbaren Energien (2021–2024)
Ein anschaulicher Überblick über den tiefgreifenden Wandel der Stromerzeugung in Deutschland von 2021 bis 2024: Von windarmen Jahren über ein Wiedererstarken der Kohlekraft bis zum Durchbruch der erneuerbaren Energien. Welche Faktoren prägten den Energiemix? Wie wirken sich politische Entscheidungen, Wetter und technischer Fortschritt aus? Erfahren Sie es kompakt und verständlich in diesem umfassenden Beitrag.
Einleitung: Stromerzeugung im Umbruch – Der deutsche Energiemix von 2021 bis 2024
Wer den Lichtschalter betätigt, macht sich selten Gedanken, wie kompliziert der Weg des Stroms durch das deutsche Stromnetz eigentlich ist. Zwischen 2021 und 2024 hat sich in Deutschland die Stromerzeugung jedoch stark gewandelt und beeinflusst damit auch, aus welchen Quellen das Licht zu Hause stammt. Der Strommix veränderte sich rasant: Kohle und Gas lieferten in manchen Jahren wieder mehr Energie, während erneuerbare Quellen zunächst ins Wanken gerieten, bevor sie schließlich einen neuen Rekordanteil erreichten. Wetterextreme, politische Entscheidungen und technische Entwicklungen mischten die Karten immer wieder neu. Der folgende Überblick erzählt die Geschichte dieses tiefgreifenden Umbruchs und erklärt die Zahlen und Kräfte, die dahinterstecken. Wer verstehen will, warum Strom mal grüner und mal grauer war, findet in den nächsten Absätzen Antworten, anschauliche Vergleiche und verständliche Erklärungen – von der harten Faktenbasis bis zu den kleinen Überraschungen am Rande.
Die Lage im ersten Quartal 2021
Anfang 2021 stand Deutschland beim Thema Strom vor einer besonderen Herausforderung. Nach Jahren, in denen die erneuerbaren Energien immer weiter an Fahrt aufgenommen hatten, brachte das erste Quartal einen Rückschlag für die Energiewende. Der Grund war das verhältnismäßig windarme Frühjahr, das viele Windräder beinahe zur Ruhe zwang. Das Statistische Bundesamt berichtete, dass die Produktion aus Windkraft deutlich einbrach. Die Lücke im Stromnetz musste geschlossen werden, und so sprangen Kohle- sowie Erdgaskraftwerke ein.
Insgesamt wurden von Januar bis März 2021 etwa 138,2 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt. Der meiste Strom kam in diesem Zeitraum aus konventionellen Quellen, genauer gesagt zu 59,3 Prozent. Kohle spielte dabei die wichtigste Rolle, gefolgt von Gas und Atomenergie. Der Anteil erneuerbarer Energien sank vorübergehend auf unter 41 Prozent.
Dieser Einbruch zeigte auch, wie wetterabhängig die Stromversorgung durch Windkraft ist. Während es in den Vorjahren durch starke Frühjahrsstürme hohe Erträge aus Windenergie gegeben hatte, fehlte 2021 einfach der Wind. Diese Wechselspiele im Wetter machen den Strommarkt oft zu einer Wellenfahrt, bei der alle Kräfte flexibel reagieren und ausgleichen müssen. Die Erkenntnisse aus dem Frühjahr 2021 sollten die Diskussion um Speicherung und Ausbau von erneuerbaren Energien später maßgeblich beeinflussen.
Stromeinspeisung und Energiemix 2021
Schauen wir genauer in den Strommix des Jahres 2021, so wird klar: Kohle war mit fast 29 Prozent der eingespeisten Strommenge der größte Einzelposten, dicht gefolgt von Windkraft, die trotz Schwächephase immerhin noch 24,2 Prozent zum Gesamtmix beitrug. Erdgas brachte es auf 15,2 Prozent, während die Kernenergie nochmals rund 12 Prozent bereitstellte.
Vergleicht man die Anteile mit den Vorjahren, wird ein Zickzackkurs deutlich: Im windstarken Jahr 2020 lag der Anteil der erneuerbaren Energien über die Hälfte, bei 51,4 Prozent. So viel „grüner Strom“ schaffte Deutschland in einem Winterquartal seitdem nicht mehr so schnell, zumal das windarme Frühjahr 2021 zu einem Ertragsrückgang von über 30 Prozent bei der Windkraft führte. Das machte den Weg frei für fossile Kraftwerke. In der Stromlandschaft zeigte sich, wie sehr das Wetter den „grünen Anteil“ bestimmen konnte.
Einen kleinen Lichtblick gab es dennoch: Die Stromeinspeisung durch Photovoltaik kletterte im Vergleich zu 2020 leicht nach oben. Damit wurde sichtbar, dass eine breitere Aufstellung bei den erneuerbaren Energien dabei hilft, Schwankungen besser abzufedern.
Zentrale Veränderungen im ersten Quartal 2022
Mit dem Jahreswechsel 2022 verrutschten die Gewichte im Strommix erneut. Diesmal war es wieder die Kohle, die nach oben schoss. Laut dem Statistischen Bundesamt stieg die gesamte Stromerzeugung in Deutschland im ersten Quartal 2022 im Vergleich zum Vorjahr sogar um 3,7 Prozent. Erneuerbare Energien gewannen an Boden und legten um 21 Prozent zu, aber immer noch etwas unter dem Wert von 2020.
Eine zentrale Veränderung: Der Anteil der konventionellen Energieträger fiel erstmals wieder auf knapp unter 53 Prozent. Das entsprach einem Rückgang, auch wenn die absolute Produktion durch Kohle wuchs. Auffällig war die bedeutende Rolle politischer Vorgaben – allen voran der Ausstieg aus der Atomenergie, der das Angebot um fast die Hälfte des Atomstroms reduzierte.
Die Zahlen machen deutlich, dass es kein lineares Wachstum erneuerbarer statt herkömmlicher Energie gibt. Vielmehr war das Stromsystem 2022 ein aufmerksames Austarieren von Schwankungen und eine rege Suche nach Ersatz, sobald ein Energieträger schwächelte.
Stromerzeugung: Kohle als dominierender Energieträger 2022
Wenn im Frühjahr 2022 über Strom gesprochen wurde, fiel ein Begriff besonders häufig: Kohle. Ihr Anteil an der eingespeisten Strommenge kletterte von 29 Prozent (2021) auf 31,5 Prozent. Die Menge an Kohlestrom stieg um 12,5 Prozent. Der Grund lag sowohl in einer erhöhten Nachfrage als auch in einer stabileren Verfügbarkeit der Kohlemeiler gegenüber Wind und Sonne. Destatis bestätigte, dass Kohle in diesem Quartal wieder der wichtigste Energieträger war.
Diese Entwicklung hatte allerdings eine Kehrseite: Der Klimawandel rückte dadurch wieder stärker ins Bewusstsein, weil Kohlestrom mehr Treibhausgase verursacht. Gleichzeitig zeigte sich, wie stark das Stromnetz von dieser klassischen Energiequelle immer noch abhängig war. Kohle wurde gewissermaßen zum „Notnagel“, den viele eigentlich schon zu den Akten legen wollten, aber auf den man nicht verzichten konnte.
Im Vergleich zu den Vorjahren pendelten sich die Werte so ein, dass erneuerbare Energien und fossile Brennstoffe sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferten – mit leichten Vorteilen für die konventionellen Quellen.
Windkraft, Photovoltaik und andere erneuerbare Energien 2022
2022 gab es aber auch gute Nachrichten für alle, die sich eine grünere Stromproduktion wünschen. Die erneuerbaren Energien legten stark zu. Vor allem die Windkraft sorgte mit einem Anstieg von 28,8 Prozent für eine satte Steigerung im Energiemix. Ihr Anteil sprang von 24,2 Prozent (2021) auf 30,1 Prozent, wie das Statistische Bundesamt erläutert.
Photovoltaik war sogar noch dynamischer: Dank außergewöhnlich vieler Sonnenstunden im Frühjahr stieg der Anteil der Solarenergie um 34,7 Prozent. Das hieß in Zahlen: 6,3 Prozent des deutschen Stroms kamen im Frühjahr 2022 aus Solarkraftwerken, im Jahr zuvor waren es nur 4,7 Prozent gewesen.
Biogas und Wasserkraft verharrten nahezu auf Vorjahresniveau, aber Wind und Sonne sorgten dafür, dass der Anteil erneuerbarer Energien an der eingespeisten Strommenge auf über 47 Prozent kletterte – deutlich mehr als im Vorjahr. Das zeigte, wie groß der Hebel ist, wenn das Wetter für Sonne und Wind mitspielt.
Rückgang bei Erdgas und Kernenergie ab 2022
Nicht alle Energieformen wuchsen. Vor allem Erdgas und Atomenergie verzeichneten 2022 zum Teil dramatische Rückgänge in der Stromproduktion. Beim Erdgas lag das Minus bei stolzen 17 Prozent. Die erzeugte Menge schrumpfte von 15,2 Prozent Anteil auf nur noch 13 Prozent. Gründe dafür waren neben gestiegenen Preisen für Gas (unter anderem durch den Ukraine-Krieg) auch politische Bestrebungen, die Abhängigkeit von Erdgas einzudämmen. Mehr dazu findet sich auch in Berichten des Statistischen Bundesamts.
Noch deutlicher war der Einbruch bei der Kernenergie. Der Rückgang um fast 50 Prozent war Folge der Abschaltung von drei deutschen Kernkraftwerken zum Jahreswechsel 2021/2022. Der deutsche Atomausstieg zeigte so direkt Wirkung im Strommix. Der Atomstromanteil halbierte sich von 12,1 auf 6 Prozent. Der politische Wille, diese Energieform zu beenden, war damit im Alltag der Stromerzeugung angekommen.
Die Konsequenz: Andere Quellen mussten schneller wachsen, um diese Lücken zu schließen. Im Jahr darauf sollte das Ende der Atomkraft noch deutlicher sichtbar werden.
Importe und Exporte: Stromhandel 2022
Deutschlands Strommarkt ist nicht abgeschottet – vielmehr fließt Strom über viele Grenzen hinweg. 2022 änderte sich einiges beim grenzüberschreitenden Handel. Die importierte Strommenge sank zum Beispiel um knapp 14 Prozent. Besonders aus den Niederlanden und Frankreich kamen deutlich weniger Kilowattstunden.
Im Gegensatz dazu explodierten die Exporte: Deutschland führte rund 17 Prozent mehr Strom aus als im Jahr davor. Das bedeutet: Mehr als doppelt so viel Strom wurde verkauft wie gekauft. Deutschland fungierte 2022 also als Stromexporteur.
Gründe für diese Entwicklung waren die Schwankungen in eigenen Erzeugungsanlagen, aber auch Preisvorteile gegenüber Nachbarländern. Es zeigt, dass Deutschland innerhalb Europas netztechnisch gut eingebunden ist und flexibel reagieren kann, sollte es im eigenen Land zu viel oder zu wenig Strom geben.
Trendumkehr 2023/2024: Aufschwung der erneuerbaren Energien
Das Jahr 2023 markierte eine Zeitenwende in Sachen Strommix. Während 2022 die Vorteile und Nachteile fossiler und erneuerbarer Energiequellen noch gegeneinander ausgespielt wurden, zog ab Ende 2023 der Anteil erneuerbarer Energien deutlich an. Im ersten Quartal 2024 versorgten sie erstmals beinahe 60 Prozent des deutschen Strombedarfs und knackten damit einen historischen Rekord, wie das Statistische Bundesamt festhält.
Dieser Anstieg war klar auf den Ausbau der Windkraft und die wachsende Zahl an Photovoltaik-Anlagen zurückzuführen. Möglich machten es stärkere Winde, technische Verbesserungen und mehr verfügbare Fläche für Windräder und Solarmodule. Das Stromnetz wurde „grüner“ als jemals zuvor. Gleichzeitig schrumpfte die Bedeutung fossiler Energieträger rasant.
Dieser Fortschritt bedeutete für Deutschland einen Meilenstein auf dem Weg zur Energiewende. Damit rückt das Ziel, perspektivisch nahezu die ganze Stromerzeugung aus klimaneutralen Quellen zu stemmen, realistischer in Reichweite.
Windkraft als Leitenergie 2024
Spätestens 2024 setzte sich ein neues Bild fest: Die Windkraft wurde klar zum wichtigsten deutschen Energieträger. Rund 38,5 Prozent aller eingespeisten Kilowattstunden kamen im ersten Quartal aus Windrädern. Laut Destatis war das ein Zuwachs um zwölf Prozent innerhalb eines Jahres – ein Anstieg, der auch für Europas stärkste Volkswirtschaft bemerkenswert ist.
Der Ausbau von Onshore- und Offshore-Anlagen trug erheblich dazu bei. Verbesserte Technik erlaubt es mittlerweile, Wind auch bei schwächeren Strömungen effizient zu nutzen. Damit kann selbst in windärmeren Regionen mehr Strom „geerntet“ werden. Unterstützt wurde der Boom durch politische Programme und neue Flächen für Windparks.
Windkraft war 2024 damit fest als Hauptsäule der deutschen Stromproduktion verankert. Der Einfluss der Wetterlage blieb – aber die bessere Planung und Absicherung machen den Wind zur tragenden Stütze im deutschen Stromnetz.
Fortschritt beim Kohleausstieg und Rückgang der Fossilen 2023–2024
Mit dem starken Wachstum der Erneuerbaren ging beim Anteil der fossilen Kraftwerke gleichzeitig die Sonne unter. Zwischen 2023 und 2024 sackte der Anteil der Kohle an der Stromproduktion von fast 30 Prozent auf nur noch 23 Prozent ab, wie Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen. Das waren elf Milliarden Kilowattstunden weniger innerhalb von zwölf Monaten.
Mit dem Abschalten der letzten deutschen Kernkraftwerke im April 2023 fiel eine weitere klassische Energiequelle weg. Ihre Lücke wurde in rekordverdächtigem Tempo von Wind, Sonne und zum Teil von Gas ausgeglichen. Damit wurde auch die Klimawirkung des Strommixes merklich verbessert.
Deutschland zeigte, dass der Kohleausstieg keine politische Idee bleiben muss, sondern mit der richtigen Mischung aus Ausbau und Flexibilität tatsächlich möglich ist. Fossile Brennstoffe verlieren so kontinuierlich an Einfluss im deutschen Strommarkt.
Stromhandel 2024: Mehr Importe, weniger Exporte
Die Umstellung des Strommixes hatte auch Auswirkungen auf den internationalen Handel. Während Deutschland früher regelmäßig Netto-Exportland war, brachte das erste Quartal 2024 eine überraschende Veränderung: Die Stromimporte stiegen um 38,5 Prozent, während die Exporte um über 20 Prozent sanken.
Im Klartext: Deutschland kaufte mehr Strom aus dem Ausland zu, als es bislang gewohnt war. Hauptgrund war der gleichzeitige Rückgang bei Kohle- sowie Atommeilern und die noch andauernde Anlaufzeit für einige größere Erneuerbare-Projekte. Die Stromnachfrage im Land blieb derweil ziemlich konstant.
Diese Entwicklung verdeutlicht, wie wichtig eine gute Einbindung in die europäischen Strommärkte ist. Sie sorgt dafür, dass Schwankungen bei Wind oder Sonne kurzfristig ausgeglichen werden können, ohne dass die Versorgung zu Hause ins Wanken gerät.
Fazit und Ausblick
Die letzten vier Jahre auf dem deutschen Strommarkt gleichen einer abenteuerlichen Berg- und Talfahrt. Wetterextreme wie windarme und sonnenreiche Monate, politische Meilensteine wie der Atomausstieg, Preissprünge im Gasmarkt und der stete Ausbau von Wind- und Solaranlagen sorgten für einen Strommix voller Dynamik. Deutschland schaffte es, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion auf ein Rekordniveau von fast 60 Prozent zu treiben – und das trotz aller Unwägbarkeiten.
Der Ausstieg aus Kohle und Atom ist derweil in vollem Gange, die Technik entwickelt sich weiter. In Zukunft wird es vor allem darum gehen, die Schwankungen der Wetterabhängigkeit besser abzufedern – zum Beispiel durch mehr Speichertechnologien, intelligente Netze und eine noch stärkere europäische Zusammenarbeit.
International schlägt Deutschlands Vorbild bereits Wellen. Viele Länder schauen auf die Strategie der deutschen Energiewende, die zeigt, wie Wandel möglich ist – wenn auch nicht immer geradlinig oder ohne Rückschläge. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob das Ziel einer klimaneutralen Stromversorgung Wirklichkeit wird – die Zeichen dafür stehen besser denn je.
Deutschland steht damit nicht nur vor einer technischen, sondern auch gesellschaftlichen Aufgabe: Die Akzeptanz für neue Windparks, Solarfelder und Leitungen wächst, wenn verständlich wird, worum es geht. Klar ist: Der Weg bleibt kurvig. Aber die Richtung ist deutlich grüner als je zuvor.
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Alle genannten Zahlenangaben und weiterführende Informationen stammen aus Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamts, Yahoo Finance und DER SPIEGEL und sind dort für tiefergehende Analysen und Details nachzulesen.